19. Zuerich-Marathon
Neustart gelungen
Drei Jahre sind vergangen, seit fröhliche Menschen, Fans, Familienangehörige oder Freunde dem (Marathon-)Lauf-Völkli in der Zürcher Innenstadt oder der Goldküste entlang zujubeln konnten. Ein kleines Virus pikste den «richtigen» Marathonlauf im 2020 und 2021. Damals gab es virtuelle Läufe – zwar eine gute Idee, aber halt trotzdem nicht dasselbe!
Endlich durfte «man» wieder. Zwar waren es auf dem Marathon noch nicht Massen, welche sich der Aufgabe stellten (ein Marathon bleibt ein Marathon), doch das ansehnliche Startfeld gab dem Marathon eine schöne Affiche. Kamen noch die vielen Halbmarathonis (mit Start in Feldmeilen) dazu und die City-Runners, welche am Nachmittag auf einer schnellen Strecke durch die Innenstadt liefen. So kamen insgesamt rund 10'000 Teilnehmende zusammen. Dem Vernehmen nach sei der erstmals ausgetragene Halbmarathon «lässig» gewesen zum Laufen und auch die Stimmung hätten die Halbmarathönler genossen.
Vom LG Horn-Marathon-Quartett Manuel, Andrea, Beat und mir, blieben leider am Schluss noch die beiden «Alten» übrig. Manuel und Andrea hatte das kleine Etwas kurz vor dem Marathon doch noch gepikst und sie mussten deshalb Forfait erklären. Sehr schade.
Bereits um 8h15 erfolgte der Start. Neu beim Bürkliplatz auf der Quai-Brücke. Temperatur: 1,7 Grad!!
Das stellte bezüglich Kleiderwahl einige Herausforderungen und das war und ist wohl auch einer der Punkte, welche das neue OK das nächste Mal berücksichtigen muss. Das (zwar gutgemeinte) Kleiderdepot beim Ziel in der Nähe des Strandbades Mythenquai war natürlich am falschen Ort. Viele Läufer*innen dachten daran, ein altes Kleidungsstück mit an den Start zu nehmen und dort zu entsorgen. Offizielle Behälter (wie in Luzern oder am «Engadiner») fehlten. Ich persönlich entschied mich für ein dünnes Langarm-Odlo-Shirt und dem Horn-Shirt darüber sowie ¾ Hosen mit Kompressionsstrümpfen. Zudem trug ich ein (Winter-)Stirnband, Handschuhe und «Woll-Stössli». Ich war sehr froh, als es losging, obwohl ich nur ca. 5 Minuten vor dem Start daselbst ankam. Ich schlotterte ziemlich. Die Kleiderwahl war gut und richtig. Ich bekam sogar warm und so entschied ich mich, als ich Fabian und Vater «Maus» bei km 10 erspähte, das Odlo und die Handschuhe und das Stirnband auszuziehen und ihnen zu übergeben. Die «Stössli» trug ich aber bis zuletzt und als ich mich nach dem Lauf in der Garderobe umzog, so waren mein BH und das Shirt «furztrocken». Aller Schweiss war also direkt verdunstet, beziehungsweise hatte mein Körper wohl genug damit zu tun, meine Oberfläche warm/trocken zu halten.
Wie erwähnt, hat man Start und Ziel entflochten und die Auftaktrunde durch die City startete beim Bürkliplatz. Und wie ebenfalls erwähnt, bei «normalen» Temperaturen kein Problem, aber bei einer Affiche, wo am Stadtrand Schnee liegt (der Hang des Uetlibergs sah zwar schön verzuckert aus). Mein Vorhaben und erklärtes Zeitziel war eine Zeit von 3h29. Zusätzlich «natürlich» eine SM-Medaille, am schönsten die Goldene. Ich wusste, dass dies schwierig werden würde, ahnte ich doch, dass die W65er-innen, und damit Monica Hug, bei uns 60er-innen zählen würden (nur zwei Schweizerinnen gemeldet, eine davon Monica und die andere meine gute «alte» Freundin Therese Voser). Ich nahm mir vor, mit dem 3.30er-Zugläufer mitzulaufen und dann – falls möglich – ab km 10 mein eigenes, hoffentlich etwas schnelleres – Tempo zu laufen. Die 3h30er-Gruppe kam mir fast etwa «langsam» vor. Jedoch wollte ich unbedingt 10 km mit dieser Gruppe laufen. Das tat ich. Und wie automatisch konnte ich stadtauswärts, nach dem zehnten Kilometer, weg ziehen. Ich achtete auf meinen «Schnuf», schaute nie auf die Uhr. Es «musste» einfach klappen auf diese Weise. Beim Halbmarathon sah ich auf einer Digitaluhr 1h43. Da wusste ich, dass es klappen könnte mit «sub 3h30», umso mehr, als ich im Feld C, also einiges nach Zeitstart loslief. Kurz vor dem Halbmarathon kam mir Sohn Samuel entgegen. Er sah irgendwie nicht so frisch aus. Ich verdrängte sein Rennen und achtete wieder auf mich. Auch beim Wendepunkt in Meilen schaute ich nicht retour. Ich wollte bei km 30 das nächste Mal auf die Uhr schauen. Dieser kam ziemlich bald und da es mir immer noch so gut lief, beschloss ich, erst bei km 33 auf die Uhr zu schauen, dann könnte ich gut ausrechnen, wie viel ich – für 3h30 – noch spatzig hätte bis ins Ziel. Ab km 16 verpflegte ich immer schön brav mit Bananenstückchen und Wasser. Ich fühlte mich gut bei Kräften. Km 33 war erreicht und somit musste ich endlich mal schauen, wie ich denn «drin liegen» würde. 2h33 war ich erst unterwegs! Ich hatte für die restlichen
9km also noch 56 Minuten Zeit. Was für ein Gefühl. So war es auch nicht schlimm, dass ich erst bei km 36 das erste Mal Cola trinken konnte (private Helferverpflegung war – da SM – nicht erlaubt). Als ich das Opernhaus erreichte, erblickte ich lauter bekannte Gesichter: viele Laufkollegen, «alte» OL-Kollegen, die Crew von Albis-Reisen – ja sogar Peter Camenzind jubelte mir zu und strahlte. So etwas stellt mächtig auf! Als ich beim Bürkliplatz in die Bahnhofstrasse einbog, sah ich an einer Tram-Uhr, dass es noch nicht mal zwanzig nach Elf war! So konnte ich leichten Schrittes die Bahnhofstrasse runter laufen und beim Globus links abbiegen. Und genau dort, bei km 40, war ich irgendwie «leer». Fabian wird später sagen: «also zwei von vierzig Kilometern «beissen» geht schon noch…». Ich verpflegte mich dort nochmals mit Cola und rannte weiter in Richtung Mythenquai! Dort standen Fabian, strahlend (wow, wann hat es das das letzte Mal gegeben an einem Lauf!) und Bruder Bruno (für nicht Insider: mein Bruder – nicht ein Mönch). Es war einfach «mega». Nun konnte ich das restliche Prozent Energie noch abrufen, denn ich sah den Zielbogen… und keine zwanzig Sekunden später sah ich, dass man an diesem Zielbogen vorbeilaufen (!!!), noch ca. 150 m in Richtung Wollishofen laufen musste und erst danach («von hinten») ins Ziel laufen konnte. Ich machte, was man nicht tun sollte: ich schaute nach hinten… wo keine Gefahr mehr nahte… und schlurfte zufrieden die letzten rund 300 Meter ins Ziel. Endlich wieder mal ein Marathon, welchen ich durchziehen konnte! Mit 3h21.56 hätte ich nie gerechnet!
Nach der Dusche und dem Besuch der riesigen Outodoor-Festwirtschaft (wirklich gut gemacht, all die verschiedenen Foodstände – «es hatte alles» vom Asiaten bis zum Amerikaner, aber nur kein Swiss-Food genannt Bratwurststand) stand bereits die Rangverkündigung an. Dreimal durfte ich aufs Podest steigen. Gefreut hat mich, dass ich ein Zählresultat für unsere sm run -Mannschaft ablieferte (wir wurden 2.). Dann war ich Siegerin der Kategorie W 60, knappe zwei Minuten vor der Irländerin Siobhan Kennedy und zum dritten mal durfte ich noch als Schweizermeisterin bei den W60 aufs Treppli steigen. Da gabs eine schöne Fügung: da bei den W65 nur zwei Schweizerinnen klassiert waren (Monica Hug und Therese Voser) und diese zwei «älteren Damen» VOR der zweitklassierten Schweizer W60er-in einliefen, durften Monica und Therese mit mir aufs Podest. Dies freute mich sehr für Therese. Sie musste bisher nur einen Zürich-Marathon auslassen und gehört dem Jubiläums-Club an.
Stichwort Jubiläumsclub: Einer der ganz wenigen, welcher ALLE Zürich-Marathons, also 19 Stück, absolviert hat, ist unser Beat Vosseler! Trotz einer nicht einfachen Vorbereitungszeit im Februar, liess er sich nicht unterkriegen und gab im März nochmals Gas mit Trainings und Wettkämpfen! Auch ich durfte auf Beats Fleiss und Zuverlässigkeit zählen und lief mit ihm am 27. März, einen Tag nach dem Limmat-Lauf, noch einen Long Jog! In 3h15.31 lieferte er wieder ein Superresultat ab und wurde 17. in seiner starken Kategorie der 55 – 59-Jährigen. Da Beat, als einer der noch ungefähr 50 «Immerstartenden» ja nicht einfach aufhören kann mit dem Zürcher, sind auch die nächstjährigen LG Horn-Long Jogs bereits wieder gesichert (mer lönd Di ned elei met em Training, Beat!).
Zu (fast) guter Letzt sei noch unser Sohn Samuel erwähnt. Wir beide absolvierten ja die Kategorie Muki (wurde leider nicht geehrt … ? ). Nach mutigem Beginn in der Verfolgergruppe erlitt Samuel leider nach der Halbmarathon-Marke einen Einbruch. Ich fand es schön, dass er nicht aufgab und trotzdem durchzog. Die 2h32 und der 23. Rang sind sicher nicht das, was er sich – nach seiner tollen Halbmarathon-SM – vorgestellt hat. Es wäre schön, Samuel würde die 2.25er oder 2.30er-Marke mal an einem «Provinz-Marathon» in Angriff nehmen. Den Ort, wo er sachdienliche Tipps erfragen kann, weiss er wahrscheinlich schon…
Erwähnen möchte ich noch die tollen 47.21 unserer Schnupperläuferin Andrea Bächler im City-Run. Hoffentlich bleibt uns Andrea treu!
Mit Ausnahme einiger «Kinderkrankheiten» fand ich die Ausgabe 2022 des Zürich-Marathons sehr gelungen. Auch hat mir die Startnummernausgabe im Jelmoli sehr gefallen. Es war wohl ein Win-Win mit dem Sponsor. Es war sehr unaufdringlich und Jelmoli zeigte sich mit der Abgabe eines nützlichen Fresspäcklis auch sonst noch grosszügig.
So, nun danke ich allen, die bis hierhin mit Lesen durchgehalten haben. 42 Kilometer geben viel her zum Berichten.
Uebrigens wars mein 116. ‘offizieller Marathon (plus der virtuelle vor zwei Jahren von Gebenstorf nach Glattfelden). Und es gilt immer noch: jeder Marathon hat seine eigene Geschichte, auch dieser 19. Zürich-Marathon.
Jacqueline Keller